© Olga Flor

Olga Flor: Sommertag

in Writers' Blog

Nichts heiterer, leichter, fröhlicher als die Idee eines warmen Sommertages, in dessen Luft man schwimmen kann, freischwimmen, den Brustkorb öffnen. Ein ganz alltäglicher Tag in einem Jahr, das sich selbst längst dem Wahnsinn ergeben hat, wie es scheint, ganz offensichtlich mit einer gewissen Lust. Verständlich, sagt der Verstand, der kann nicht mehr, sieht schon kariert und wird euphorisch: Kein Tag ohne Wahnsinnsnachrichten, kein Tag ohne Überbietung des vorhergehenden, eine Wahnsinnsinflation bahnt sich da an, irgendwann muss das doch ermüdend werden für so ein Jahr, so Richtung Sommer hin ein wenig an den Kräften zehren, an den Jahreszeitenkräften, Gezeitenkräften, nein: Die Gezeiten üben Kräfte aus, die zerren an den Monaten, die sich so hinbiegen in Richtung einer Hitzeperiode: spannende Zeiten, doch wer will sich schon wirklich in spannenden Zeiten an spannenden Orten niederlassen, die Zelte aufstellen, wenn man das könnte  (doch das Tempo der Bodenerosion nimmt hektisch Fahrt auf, kein Wunder bei den Temperaturen!), diese Woche nicht, die sträubt sich, ist ganz und gar unentspannt, stolpert erschöpft von einem Arbeitstag in den nächsten, schon dienstags fühlt sie sich ein wenig nach Donnerstag, und überhaupt, wer redet da von Arbeitstagen, was würde sie geben für so ganz normale Abläufe! Nichts läuft mehr, die Stunden ziehen sich und kommen aus dem Tritt, das wird hektisch, und dennoch kann man sie nicht ausreichend vollstopfen mit all den Dingen, an denen man sich festhalten könnte, wie man das kennt und auch gelernt hat, doch was hilft Lernen, wenn es nicht lebenslang betrieben wird? Und dann das: Es ist erst Mittwoch, wenn auch ein heißer.

Dann passiert glatt sowas, kommt ein anderes daher, ein Zweites in Form eines anderen (Verstandes: der überhitzt auch schon), auf den stürzt sich die Begeisterung, stülpt sich drüber, nimmt, was sie kriegen kann. Der: nicht uninteressiert, blöd wäre er. So läuft das eben, insbesondere sommers.

(Variation auf ein Motiv aus „Klartraum“, der Roman erscheint im September 2017 bei Jung und Jung.)

Flor_Portraet2Olga Flor, Schriftstellerin, geb. 1968 in Wien, lebt in Graz und Wien. Sie studierte Physik und arbeitete im Multimedia-Bereich. Jüngste Romane: „Die Königin ist tot“ (Zsolnay, 2012), „Ich in Gelb“ (Jung und Jung 2015).

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