Heutzutage wird ja Pornografie kaum mehr offline konsumiert und Pornografie selbst hat zur Verbreitung des Internets auch wesentlich beigetragen oder „Internet is for porn“ wie es im Musical Avenue Q so schön heißt. Die klassische Porno-Filmindustrie sieht ihrem Niedergang entgegen und die wenigsten Menschen wissen heute noch, wo in ihrer Umgebung das nächste Pornokino ist. Wozu auch? Es reicht doch, wenn ich und mein Internetprovider wissen, was Sache ist.
Die Größe eines Unternehmens wird hierbei nach Klicks bemessen. Zum Unternehmen Mindgeek gehören zum Beispiel Pornhub, Youporn und Brazzers. Zusammengezählt spielt Mindgeek damit in einer ähnlichen Liga wie Amazon und Wikipedia.
Richten wir uns aber nicht nach der Unternehmensgröße, sondern nach der Größe der Website zeichnet sich ein anderer Eindruck ab – denn hier hat Xvideos die Nase vorne, gefolgt von Xhamster und erst danach folgt Pornhub. Hier wird es auch Zeit, nachdem ein zweiter großer Block im Internet Kommunikation ist – Facebook verzeichnet mehr Klicks als das gesamte Mindgeekunternehmen zusammen – wird es Zeit sich die Repräsentation der größten Videoplattformen auf Social Media Seiten zu Gemüte zu führen.
Wenn wir uns den Platz eins – Xvideos – näher ansehen sehen wir ein groteskes Bild: Zwar hat die Präsentation der Seite auf Twitter 227 000 Follower, jedoch ist die Seite nicht einmal verifiziert und man gewinnt nicht den Eindruck, als sollte die Seite eine Werbemaßnahme für die Videoplattform sein. Hauptsächlich gibt uns hier jemand in unregelmäßigen Abständen mit recht wenigen Tweets Bescheid, ob es eine technische Veränderung auf Xvideos gab, oder wenn ein Fehler behoben wurde. Eine Facebookseite gibt es gar nicht.
Die Seite der Nummer 2 Xhamster mit 143 000 Followern mag zwar weniger trocken wirken, Xhamster beschränkt jedoch seine Öffentlichkeitsarbeit darauf, Fotos von halbnackten Frauen zu Posten oder Werbung für die Merchandiseprodukte zu machen. Auch hier gibt es keine Facebookseite.
Einen großen Kontrast dazu bildet nun der Platz drei, Pornhub, als größter Teil des Mindgeekunternehmens. Die Twitterseite hat sage und schreibe 645 000 Follower und eine zweite, zusätzliche ebenso verifizierte Twitterseite für den sogenannten Pornhub Feed. Im Feed werden Teaser zu neuen Videos auf Pornhub gepostet, ähnlich wie auch die Seiten Redtube und Youporn eigene Seiten explizit für das bewerben der Filme hat. Die Seite, die jedoch das Gebilde Pornhub repräsentiert ist offensichtlich mit einem eifrigen Medienteam bestückt: Mehrere Tweets pro Tag, oft humoristisch, geskpickt mit Memes und auch die Vernetzung mit anderen Seiten wie Porntube und deren Reposts werden deutlich. Zusätzlich informiert dieser Twitterfeed über aktuelle Projekte Pornhubs, wie zum Beispiel die bereits in einem anderen Blogbeitrag erwähnte Stipendienaktion für Studenten. Dieser Tage scheint Pornhub die einzige unter den großen Plattformen zu sein, die sich auch als Image-Arbeiter für die Industrie betrachtet und sich redlich bemüht „Sex positivity“ zu betreiben. Insbesondere nun zum Muttertag schlägt Pornhub vor, Müttern ihre neue virtual reality Brille zu schenken, um ihnen zu zeigen, dass sie auch als Frauen und nicht nur als Mütter wahrgenommen werden und um ihnen mit dieser Brille auch Gefühle schenken zu können, die Papi ihnen nicht mehr bietet.
Ob sich sex positivity, Mütter und virtuelle Realität in der Pornografie als neue Marktfaktoren herausstellen, bleibt abzuwarten. Auch, ob pornhub uns dann im Twitterfeed erzählen wird, wie erfolgreich ihre Muttertagsbrille war. Der Muttertag der Zukunft ist hier.
Cordula Simon, Schriftstellerin, geb. 1986 in Graz, studierte deutsche und russische Philologie in Graz und Odessa. Koordinatorin der Jugend-Literatur-Werkstatt Graz und Mitglied der Literaturgruppe „plattform“. Zuletzt veröffentlicht: „Wie man schlafen soll. Roman“ (Residenz, 2016).