© flickr.com/photos/chipmonk

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Olga Flor: Zäune

in Writers' Blog

Wozu es einen Zaun brauchen soll, wenn ohnehin schon alles eingezäunt ist, ist durch den Augenschein in Spielfeld nicht nachvollziehbar. Die Menschen stehen oder sitzen am Boden in einem schlangenförmigen Gattersystem, in Viehzäunen, die zur Engführung auf den Verschiebebusbahnhof hinleiten, eine Verschubhalle, wie für eine Auktion, wer will sie nicht, wer bietet am wenigsten, oder am meisten für die Nichtaufnahme! Es gibt weder Sitzgelegenheiten noch Liegen für die Nacht, Waschgelegenheiten auch nicht, das ist kein Transitlager, sondern nur ein, was eigentlich? ein Transitwartebereich?, wobei das Warten dauern kann. Was es gibt: Toiletten, Getränke, Essen, warme Kleidung, letzteres allerdings nur für die dringendsten Notfälle. Dafür ist der Zaun als Symbol verheerend, von den Kosten für die Errichtung ganz abgesehen; das Geld wäre wohl besser in mobile Sanitätsanlagen und Infrastruktur investiert. Abzusehen ist außerdem, dass das nur der Anfang ist, dass das Beispiel Schule macht, von Grenzübergang zu Grenzübergang, dass Europa einer neuen Zerstückelung entgegen sieht.

Ganz abgesehen davon, dass das Problem des Andrangs an den Grenzen – der nun witterungsbedingt und durch Ablasszahlungen an die Türkei nachlässt – behebbar wäre, wenn man von der Augenauswischerei des Zu-Fuß-die-Grenze-passieren-Müssens der Flüchtenden endlich Abstand nähme und stattdessen gleich einen grenzüberschreitenden Transport mit dem Ziel menschenwürdiger Erstaufnahmezentren organisierte.

Ein weiterer Zaun hilft hier nicht weiter, er ist nur ein Symbol für hilflosen Aktionismus. Ebenso bitter ist die Erkenntnis, dass man den Menschen am Grenzübergang durchaus sehenden Auges Waschgelegenheiten verweigert, und dass das Warten durchaus mehr als die offiziell genannten 24 Stunden dauern kann, dass die Menschen in diesem Lager, das keines ist, je nach Transportsituation gelegentlich länger bleiben müssen als geplant (VERbleiben, heißt das vermutlich), bevor sie woandershin VERbracht werden. In diesem Lager, das eben kein Durchgangslager ist und weder über Liegen noch über Sitzgelegenheiten verfügt, das ein notdürftig beheizter Viehpferch ist, wenig mehr.

Heute keine Würde zu vergeben. Sollen sie sich doch parfümieren.

 

Flor_Portraet2Olga Flor, Schriftstellerin, geb. 1968 in Wien, lebt in Graz und Wien. Sie studierte Physik und arbeitete im Multimedia-Bereich. Jüngste Romane: „Die Königin ist tot“ (Zsolnay, 2012), „Ich in Gelb“ (Jung und Jung 2015).

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