Olga Flor: WUNDERN UND LACHEN!

in Writers' Blog

Witze reißen könnte man, in letzter Zeit werden Witze erzählt, bis das Lachen vergeht. Umso wichtiger ist es, da mitzuhalten, wir brauchen noch etwas für die Zukunft, da muss man noch viel an Lachen in petto haben, deswegen üben wir schon: Der größte Witz von allen ist ja der des Begriffs einer Europäischen Gemeinschaft, knapp noch übertroffen vom Europa ohne Grenzen, was haben wir gelacht!

Zum Glück wurde das Mutterkonzept unbenannt in EU, die alte Tante, nach der der Laden benannt wurde, hat da sicher auch ein wenig schmunzeln müssen, die hat so ihre Geheimnisse und ihre Geschichte. Bei EU weiß niemand mehr so genau, wofür das steht, Uneinigkeit würde sich aber jedenfalls für die zweite Hälfte des Kürzels anbieten, oder auch Unwirtlichkeit? Gemeinschaft ist nämlich durchaus ein Wort, mit dem niemand mehr etwas anfangen kann, was soll denn das sein? Wir glauben übrigens auch nicht, dass das je anders war, dass je irgendwer mit dem Verantwortungscharakter des Gemeinsamen wirklich etwas zu tun haben wollte: Wir sehen uns um, na bitte, wir sagen es ja.

Da halten wir uns die Bäuche vor Lachen, wir sind wieder wer, wir nämlich, und Heimat und Berge und Seen und allsowas liegen da auch herum, lauter Dinge, auf die wir von Natur aus stolz sein dürfen, warum denn nicht, wir haben sie zwar nicht aufgeschüttet und eingelassen, aber irgendwie doch ein Geburtsrecht darauf, da sind wir auf der sicheren Seite. Doch nicht nur hier bei uns, überall bilden sich kleine Wirinseln aus, die auf den sicheren Seiten stehen, die sind eben ganz national und fidel und wissen, wer sie sind: Ein WIR, das sich den Bauch vor Lachen hält auf allen Seiten der Zäune.

Dafür verbünden wir uns sogar sprachübergreifend im EU-Parlament, Parlamente werden ja allgemein überschätzt und Lachen steckt nun mal an, Nationalisten aller Länder, vereinigt euch! Diesen blöden weiblichen Teil, diese weibliche Geschlechtsnorm, die nichtnormierte Geschlechtsform, den ganzen Wahn sparen wir uns, wir sind ganz unter uns, und da sind wir die Norm! Das wird zwar ein wenig Sprachverwirrung ergeben, doch was macht das schon, erhöht sicher die Freude am Bierzeltcharakter, da sind uns auch immer Gäste willkommen, die können auch gerne ihre regionalen Münzen mitbringen, so klingt das auch viel besser: regional, Geld stinkt nicht, das schon gar nicht, wir brauchen nur Deckungsgleichheit und Glaubwürdigkeit und Geldwechselei, die von der Wäscherei sehr wohl zu unterscheiden ist, bitte sehr!

Solange nur unsere Sprachwährung so allgemein akzeptiert wird, wie sie das wird, und es sieht nicht so aus, als ob die Blase bald platzen würde, die nicht, die ist ewig frisch und fesch und neu, solange man uns diese – nun, wir würden nicht soweit gehen, das als Resultate von Falschmünzerei zu bezeichnen, auch wenn das nun wirklich einen Spaß machen würde, der raffiniert kitzelt, aber doch, vielleicht so: –, solange uns diese Wechsel unseres zukunftsbelastenden Hochrisikogeschäfts derartig freudig aus der Hand gerissen werden, zocken wir ab, was wir können, das wird erst recht lustig, und die Währung, da reiben wir uns vor Freude die Hände, wir hoffen, dass unser Lachen ansteckend ist, wir lassen da einen Versuchsballon steigen, warum denn nicht, was sich da an Erklärungen anbietet, nicht zu glauben, die Währung heißt ganz wie

WIR

Flor_Portraet2Olga Flor, Schriftstellerin, geb. 1968 in Wien, lebt in Graz und Wien. Sie studierte Physik und arbeitete im Multimedia-Bereich. Jüngste Romane: „Die Königin ist tot“ (Zsolnay, 2012), „Ich in Gelb“ (Jung und Jung 2015).

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