© Cordula Simon
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Cordula Simon: porny-wah-wah

in Writers' Blog

In meinem Haus wird gehämmert und gebohrt. Ein bisschen hört es sich an, als würde sich jemand einen Dungeon mit einer Unmenge metallener Ketten bauen. Die Geräuschkulisse muss also, um überhaupt arbeiten zu können, ausgeblendet werden. Für Arbeit ist ein vernünftiger, nicht zu schneller und daher nicht ermüdender Rhythmus zu bevorzugen. Sie sehen bereits, worauf ich hinaus will? Die Welt braucht mehr Musik und heute auch meine Wohnung. Pornografie und Musik gingen lange einher, denn wo eher brauchte man zur Handlungsuntermalung rhythmische Unterstützung? In den 70ern bildete sich daher der Porn Groove heraus. Nicht nur inhaltlich und publicitymäßig, – wie wir alle seit der Dokumentation Inside Deep Throat wissen – sondern auch musikalisch spielte Deep Throat eine Vorreiterrolle. Die Elektrogitarre mit dem Wah-Wah-Pedal ist etwas, was nicht nur am Beginn im klassischen amerikanischen Porn Groove zu finden ist, sondern auch in französischen, italienischen, deutschen – ja, überhaupt allen Produktionen. Mit diesem Sound wird auch diese Compilation eröffnet. Auf Soundcloud finden sich dafür auch thematisch passend die Sexxxtapes von Drixxxé – die Melodien stammen aus französischen Pornos.

Pornografie und Musik ist jedoch kein Zusammenspiel, dass nur auf Untermalung beruht: Manche Macher wagten sich auch an größere musikalische Projekte, wie zum Beispiel Bud Townsend mit seinem abendfüllenden Pornomusical Alice in Wonderland: An x-rated musical fantasy. Dabei stelle ich fest, dass dem Castingteam wohl viel zu wenig Anerkennung gezollt wurde: Wie schwer muss es gewesen sein, jemanden zu finden, der so aussieht, wie sich dank Disney jedes Kind den Mad Hatter vorstellt, der auch noch singen kann und über ein Glied überdurchschnittlicher Größe, wie Pornografie es bereits lange erfordert, verfügt?

Was gibt es also über die Musik im heutigen Mainstreamporno noch zu sagen? Gar nichts. Entweder ist keine Musik da, oder es handelt sich um eine stumpfsinnige Endlosschleife. Bedauerlicherweise muss man zugeben, dass auch die Alternativpornoszene das musikalische Niveau der 70er nicht halten konnte. Mehr Musik! Bitte! Mehr Musik beim Bohren!

 

Simon_bearbCordula Simon, Schriftstellerin, geb. 1986 in Graz, studierte deutsche und russische Philologie in Graz und Odessa. Koordinatorin der Jugend-Literatur-Werkstatt Graz und Mitglied der Literaturgruppe „plattform“. Zuletzt veröffentlicht: „Ostrov Mogila. Roman“ (Picus, 2013).