Es ist wieder soweit: Das Pornfilmfestival Berlin hat wieder begonnen und das Moviemento seine Pforten geöffnet. Diesmal misst man wirklich nichts: Es gibt Workshops für Bondage und Workshops in denen man Glory Holes baut, es gibt Podiumsdiskussionen zum Sex-Positive Parenting, in der es darum gehen wird, Kinder zu Körperbewusstsein und Reflexion zu erziehen, aber auch zu Racial Politics in Porn, wo DarstellerInnen ihre Erfahrungen preisgeben werden. Auch eine Veranstaltung darüber, ob virtuelle Realität die Pornoindustrie retten kann, die unter dem Aufkommen der Flut an Amateurpornos und damit der Demokratisierung von Pornografie stark leidet. Wieder gibt es eine Masse an Kurzfilmen und einen retrospektiven Schwerpunkt, nämlich deutsche Softpornos der 70er Jahre. So suspekt diese Filme von heutigem Pornopublikum nämlich oft beäugt werden, so erfolgreich waren sie doch als sie erschienen und das Genre stellt sich als alles andere als einseitig heraus.
Ich – Ein Groupie ist ein Exploitationfilm, der auch das verwehen von Hippieträumen und damit auch den Niedergang des Glaubens an die sexuelle Freiheit thematisiert.
Auch Die Liebensvögel wird gezeigt, wo es auf der Suche nach dem Orgasmus zur wohl bekanntesten Unterhaltung über Tiernamen kommt. Zum Immer-wieder-sehen eben. Aber auch Drei Schwedinnen in Bayern ist diesmal im Programm: Blond, blöd, glücklich und nackt auf einer Alm.
Das Programm ist dicht: Auch den Kurzfilmbewerb gibt es wieder und Filme aller Nuancierungen, auch gay und female friendly dürfen natürlich nicht fehlen. SM, Sextoys, Militärfetisch, aber auch HIV sind Themen.
Beendet wird das Festival mit The Love Witch, ein Film der eine Brücke zwischen der Retrospektive, den Okkult-Fetisch-Filmen, female friendly und den humoristischen Spielfilmen im Programm schlägt: stilistisch an die Technicolor Filme der 60er angelehnt, mit ein wenig Vampirfilmflair und einer Hexe, die mit Zaubertränken und Sprüchen Männer in ihren Bann zieht, bis sie sich selbst verliebt.
Das Festival nimmt mit der Retrospektive aber auch Bezug darauf, dass wir wieder auf dem Weg in ein positivers Zeitalter der Pornografie eintreten.
Wer das Festival verpasst: pornhubcommentsonstockphotos ist ein tumblr blog und tut genau das, was er verspricht. Pornhubkommentare werden Stockphotos zugeordnet. Auch unterhaltsam auf tumblr: indifferent-cats-in-amateur-porn.
Cordula Simon, Schriftstellerin, geb. 1986 in Graz, studierte deutsche und russische Philologie in Graz und Odessa. Koordinatorin der Jugend-Literatur-Werkstatt Graz und Mitglied der Literaturgruppe „plattform“. Zuletzt veröffentlicht: „Wie man schlafen soll. Roman“ (Residenz, 2016).
