Jörg Drews (1938-2009) war als literaturwissenschaftlicher Experte für die „Grazer Gruppe“ (etwa als Herausgeber des folgenreichen Sammelbands Als die Grazer auszogen, die Literatur zu erobern, 1975) gleichzeitig ein enthusiasmierter Leser der Gedichte Bauers. In seinem Text von 2007 – Das stille Schilf rauscht im Karton oder Zum Verzweifeln schlecht, das heißt: großartig – geht er mit Verve dem Paradox nach, dass scheinbar schlechte, peinliche, geschmacklose, langweilige Gedichte, gespickt mit oberflächlichen Kalauern, Stilblüten, unpassenden Bildern einfach – großartig sein können, wenn das lyrische Gelingen so kalkuliert sabotiert wird, dass das Ergebnis zur eigenen Überraschung plötzlich als Meisterwerk erscheint. Die simulierte und kalkulierte Naivität wird in der reflektiert subjektiven Lesart von Drews zur Voraussetzung für ein affirmativ-emphatisches Aufschwingen ins „Große, ins Weite, ins Weitausholende“, einen lyrischen Grundton, der zur Entstehungszeit von Bauers Das Herz (Erscheinungsjahr 1981) innerhalb der „avancierten“ Literaturszene alles andere als üblich war.
Gerhard Fuchs