© Valerie Fritsch
© Valerie Fritsch

Valerie Fritsch: Poetische Tiere (Teil 1)

in Writers' Blog

Magellan-Pinguine fürchten den Menschen nicht und sind so wenig scheu, dass in Fachbüchern steht, man müsse besondere Acht geben, ihnen nicht auf die Füße zu steigen.

Tannenzapfentiere haben eine Schnauze einem Rohr gleich, durch das Insekten auf dem Teppich einer langen Zunge ihnen in Reih und Glied in den Magen hinab marschieren.

Odinshühnchen legen für die Liebesmonate ein jeweils unverwechselbares Brutkleid an, und färben sich erst, wenn ein Sommer vorüber ist, zeitgleich so grau, dass man Männchen und Weibchen einen dunklen Winter nicht mehr von einander zu unterscheiden mag.

Zebresel gehören zu der Gattung der Zebroide und führen mit hologrammähnlichen Streifen, die unaufhörlich ihre Form zu wandeln scheinen, auf der einen, und mit sturem Gebaren auf der anderen Seite, Vorübergehende in die Irre und bleiben stets kinderlos.

Knoblauchkröten stoßen bei großer Angst Töne, einem Kinderschrei verwandt, aus und beginnen aus Furcht schwefelig, krautig und scharf zu riechen, dem Knoblauch so ähnlich, dass man früher selbst versuchte, mit den Amphibien aromatische Suppen zu kochen.

Aidemedia ist eine ausgestorbene, haiwanische Singvogelgattung, deren Namen abwechselnd vor- und rückwärts gelesen werden kann.

Die Gruppe der Grabwespen umfasst Bienenwölfe, Silbermundwespen und die Polemistus chewbacca, eine Art, die ein filmenthusiasmierter Wissenschaftler nach einem Star Wars-Charakter benannte.

 

Valerie Fritsch, Schriftstellerin, geb. 1989 in Graz. Studium an der Akademie für angewandte Photographie, Mitglied der Grazer Literaturgruppe „plattform“. Zuletzt erschien der Roman „Winters Garten“ (Suhrkamp, 2015).