Cordula Simon: Tschick und Weib. (Bauer and me)

in Dossier: Wolfgang Bauer

Es klopft an der Tür.

Sie: Wer ist da?

Das Klopfen wird heftiger, schroffer

Sie: Wer ist da?

Er: Ich.

Sie öffnet die Tür

Er: Ich hab dir doch gesagt, dass du nachts nicht aufmachen sollst. Warum machst du auf?

Er torkelt ein bisschen, tritt durch die Tür.

Er: Mach mir was zu essen.

Sie: Ich weiß nicht, wie ich sagen soll…nein?

Er: Mach mir Eier.

Er fängt an sich auszuziehen, fängt an im Kühlschrank zu wühlen.

Sie: Setz dich. Du wirst noch etwas kaputt machen. Wie ein Kind!

Er: Spiegelei! Was ist das?

Sie: Tofu.

Er: Mach mir sowas. Nein, ich mach selber.

Sie: Lass das in Ruhe, du weiß ja nicht, wie du’s zubereiten müsstest.

Sie nimmt ihm den Tofuklumpen weg.

Er: Dann mach du!

Er fällt fast in den Kühlschrank

Sie: Sicher nicht.

Er: Schon gut, muss man sicher eh nur aufwärmen.

Sie: Lass das liegen.

Er (laut lallend): Warum hast du’s dann mitgebracht, wenn ich’s nicht anrühren darf?

Sie: Excusé moi, dass in meinem Kühlschrank etwas für mich ist. Iss halt das da.

Sie drückte ihm einen Becher in die Hand, den er bereits am Tisch abgestellt hatte.

Er: Hast du mich gerade debil genannt?

Er rupfte sich das Hemd vom Leib, griff nach einem Stück Brot, lehnte sich kauend gegen den Kühlschrank.

Sie: Setz dich endlich, du wirst noch etwas kaputt machen. Was bist du für ein Kind! Stell die Smetana nicht auf dem Laptop ab.Er wankt, lässt sich auf den Hocker fallen, schmiert aufs Brot, was sie ihm gegeben hat, beißt ab.

Er: Was ist denn das für ein Scheiß? Ist ja grausig.

Sie: Grammelaufstrich.

Er: Wäh!

Er beißt noch einmal ab.

Sie: Ich dachte das schmeckt dir nicht?

Er: Ich hab Hunger.

Sie: Nein, du hast einen sitzen.

Er: Ich geb’s zurück, wenn ich was verdiene.

 

Sie versucht ihn zu küssen, er wehrt sie ab.

Er: Lass mich!

Er: Gehen wir auf eine Party. Das Leben hat aus einer Party zu bestehen!

Sie: Du bist eh besoffen genug.

Er: Na und? Besoffen, betroffen! Irgendwo gibt’s immer Freibier! Ich werd Privatier, das Leben ist ein Schmäh!

Sie: Wäre ich nicht so faul, ich würd lieber spazieren gehen.

Von draußen hört man Donner, ein Sturm braut sich zusammen. Der Wind drückt ein Fenster auf, das ihn fast trifft. Sie versucht wieder ihn zu küssen:

Sie: Aber peut-être…

Er schiebt sie weg.

Er: Hast du mich gerade debil genannt?

Sie lehnt sich weit aus dem Fenster.

Sie (ruft): Die Hunde zanken um weggeworfenes Katzenfutter.

Sie geht in den anderen Raum, um auch dort die Fenster zu schließen, man hört Rauschen.

 

Sie: Das wird nichts mit der Party. Ein Unwetter kommt.

Er: Gib mir Zigaretten, hast du Zigaretten?

Sie (ruft aus dem Nebenzimmer): Ist das ein Vogel oder ein Flugzeug?

Er geht ans Fenster.

Er: Es ist Superman!

Sie: Schau wieviel Wasser da ist. Da liegen die Laster im Wasser!

Er: Wie hingeschlachtete Drachen!

Sie: Lasterdrachen im Wasser!

Man hört ein Donnern, Das Licht fällt aus.

Sie: Man könnte im Dunkeln ertrinken!

 

Man hört ein unterdrücktes Stöhnen, ein schmatzendes Geräusch und das reißen von Papier. Sie zündet eine Kerze, nimmt eine Zigarettenpackung vom Nachttisch an und geht zu ihm in die Küche zurück.

Sie: Wichst du da?! Ich dachte du bist besoffen!

Er: Ja, eh!

Sie: Du träumst von anderen Frauen!

Er: Ich träum von Gott!

Sie: Mit Brüsten!

Er schließt das Hosentürl, baut sich neben ihr auf.

Er: Was führst du dich so auf?

Er nimmt die Zigaretten und und zündet sich eine an der Kerze an.

Sie: Du bringst einen Seemann um!

Er: Nur mich oder dich.

Sie: Du glaubst ja gar nicht an Gott. Du bekreuzigst dich nur, damits andere sehen! Es ist wie immer nur anders. Ein deja-jamais-vü.

Er: Hast du mich schon wieder debil genannt!

 

Man hört immer noch Rauschen, er geht durch das Schlafzimmer auf den Balkon. Als er die Balkontür öffnet, ergießt sich eine Flut ins Zimmer.

Sie: Du wirst ertrinken, Geliebter, tu’s nicht!

Er: Wollt ich mich umbringen oder was? Da ist was. Da leuchtet was! Ich sag doch ich träum von Gott!

Sie: Leuchtende Brüste! Noch schlimmer!

Er: Ja, ich kann ihn sehen. Gott hat schönere Brüste als du.

Sie: Vielleicht ist das eine böse Fee oder Elfe.

Er: Wenn Elfen helfen!

Sie: Deine Elfe fliegt auf dem Besen. Auf dem Besen über die Secession!

Der Blitz schlägt in die Secession ein. Beide zucken zusammen.

 

Er: Keine Party.

Sie: Kein spazierengehen.

Sie gehen ins Schlafzimmer, legen sich aufs Bett. Sie streicht ihm über den Kopf.

Er: ich rauch jetzt noch eine Tschick, und dann noch eine. Und noch eine. Trinke dazu noch ein Bier, und noch eins und noch eins.

Sie: Und dann?

Er; Nachdenken.

 

Er: Hast du mich schon wieder debil genannt!

Sie: Scheiß drauf. Ich versteh das nicht. Gib her eine Tschick.

Beide rauchen sich eine an.

Sie: Ich versteh das nicht.

Er: Ja eben, nachdenken.