Buchtipp für den Sommer von Stephanie Liebmann.
Alles beginnt mit einem Fleckchen Moos auf dem Dach des Hauses Krumme Gasse Nummer Sieben. Doch bereits am nächsten Tag, als die zwölfjährige Henrike gemeinsam mit Henne, dem Dachdecker (mit leichtem Dachschaden) wieder Nachschau hält, sind es zwei Birken, die da oben mitten in der Stadt auf wundersame Weise gedeihen – und das war nur der Anfang: Rosenbüsche, Salatköpfe, Radieschen, Ringelblumen und was das Botanikerherz noch so erfreut, formiert sich nach und nach zu Henrikes Dachgarten, dem Wunder auf der Krummen Sieben. Mit dem Grünzeug lassen auch die Gäste nicht lange auf sich warten: Kaminkehrer, ein Dachwanderer, ein mysteriöser Riese und Frau Schöne, Henrikes Lehrerin, erfreuen sich an der grünen Oase. Lediglich Frau Hux, die Hexe aus dem zweiten Stock, ist mit dem Geschehen auf dem Hausdach nicht einverstanden und will dem Treiben des „verwilderten Mädchens“ ein jähes Ende setzen.
Albert Wendt, vielfach ausgezeichneter Kinderbuch- und Hörspielautor, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, beglückt seine LeserInnen einmal mehr mit einer zauberhaft poetischen Geschichte, die mit liebenswert eigenwilligen Figuren in ein märchenhaftes Kleinod entführt – eine Zufluchtsstätte für all jene abseits der Norm. Mit viel Sprachwitz und Gelassenheit im Ton erzählt der Wortezüchter Wendt von Unangepasstheit, Zusammenhalt und Freundschaft aber auch von Kontroll- und Ordnungswahn.
Die durchwegs in Grün gehaltenen Illustrationen von Linda Wolfsgruber rahmen den Text eindrucksvoll und gewähren einen Blick in diese verwunschene Idylle. Mit wärmster Empfehlung, den Sommer über in Henrikes Dachgarten zu lustwandeln!
Albert Wendt: Henrikes Dachgarten. Das Wunder auf der Krummen Sieben. Illustration: Linda Wolfsgruber. Jungbrunnen 2018, 88 Seiten (ab 9 Jahren)