Gerhard Roth. Archen des Schreibens (II)

Fr 14.04.2023 / 9 Uhr
Reihe:

Symposium des Franz-Nabl-Instituts für Literaturforschung der Universität Graz, Tag 2.

9 Uhr
Vorträge und Diskussion:
Nicole Streitler-Kastberger: „eine Art abwegiger, alternativer Stadtführer“ – zu Gerhard Roths Essayistik.
Gerhard Roths kulturhistorische Essayistik im Band Die Stadt erkundet Wien aus den Augen eines Erzähler-Ichs, dem es um die genaue Wahrnehmung bekannter und weniger bekannter Institutionen der österreichischen Hauptstadt zu tun ist. Scheinbar konventionellen Schreibweisen des Feuilletonismus verpflichtet, enthalten diese Texte jedoch auch ausführliche Wortreihungen, wie sie für experimentelles Schreiben charakteristisch sind. Essays spielen auch im Romanwerk Roths eine wichtige Rolle, zu dem sie nach Bekunden des Autors „Fundamente“ darstellen. Die Gattung des Romans wird dabei für Roth mehr und mehr obsolet, so trägt die „Reise zu den Toten“ Orkus nicht einmal mehr den Gattungstitel ‚Roman‘, ist sie doch eine Collage von primär essayistischen Texten.

Silvana Cimenti: Aus den Welten geschrieben.

Gerhard Roth hat beginnend mit seinem Frühwerk die gesellschaftlich begriffene Normalität stets schreibend erweitert. Konsequent installierte er dabei seine Protagonist:innen als Media einer anderen Wirklichkeit und ließ sie zu Grenzgängern, aber auch zu Außenstehenden werden, ist doch die Selbst- wie Fremdverortung eines Seins eng mit dessen Wahrnehmung der Welt verbunden. Barbara Frischmuth, deren Wege sich über die schriftstellerischen Anfänge hinaus mit Roth kreuzten, ist der posthumanistischen Tradition seit jeher verbunden. Aus den Welten geschrieben und in sie hinein wird bei ihr literarisch wie essayistisch. Die Frage nach Parallelen zwischen diesen Autor:innen hinsichtlich ihrer Weltdefinition sowie nach Positionierungstendenzen ihrer Figuren ist Kernstück dieses Vortrags.

11 Uhr
Vorträge und Diskussion:
Stefan Alker-Windbichler: Bücher, Konstellationen, Praktiken. Rund um Gerhard Roths Wiener Bibliothek.
Gerhard Roth hat nicht nur einen umfangreichen schriftlichen Nachlass hinterlassen, sondern auch ebensolche Buchbestände in Wien und der Südsteiermark. Seine Wiener Bibliothek, die eine ganze Wohnung füllt, war Arbeitsplatz, Hintergrund von Gesprächen und Aufnahmen des Autors und nicht zuletzt literarisches Motiv. Im Vortrag soll diese Bibliothek beschrieben und davon ausgehend den zahlreichen Spuren von Bibliotheken, deren besonderer Präsenz und dem Umgang mit ihnen in Roths Texten nachgegangen werden.

Günther Holler-Schuster: Gegenwelten“. Gerhard Roth und die bildende Kunst.
Viele Wege führen zu Gerhard Roth. Der über die bildende Kunst ist gut ausgebaut, aber verschlungen. Mannigfaltig sind Roths Relationen zur bildenden Kunst. Egal ob er Maler:innen in seinen Romanen auftreten lässt, konkret über deren Werk schreibt oder historische Personen in den Prozess seiner eigenen Reflexionen integriert. Die bildende Kunst ist für Gerhard Roth Teil einer „inneren Vision der Welt“. Seine Literatur ist eminent visuell und bildgewaltig. Nicht selten wird ein konkretes Werk der Kunstgeschichte zum Schlüssel eines seiner Romane. Roths theoriefreier Zugang zur Gegenwartskunst wird in den zahlreichen Essays zu unterschiedlichen bildkünstlerischen Positionen sichtbar. Für ihn, der die klassischen Disziplinen (Malerei, Zeichnung, Bildhauerei) favorisiert, sind das Protokolle gedanklicher und seelischer Prozesse – „Gegenwelten“.

In Kooperation mit dem Kulturhaus St. Ulrich im Greith.

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